Zeitschrift für niederrheinische Kultur- und Heimatpflege
Herausgegeben vom Verein für Heimatkunde in Krefeld
Schriftleitung: Stefan Kronsbein
Jahrgang 89 November 2018
Liebe Mitglieder,
sehr verehrte Leserinnen und Leser,
ich möchte mich Ihnen kurz vorstellen: Vor 61 Jahren in der sogenannten Römerstadt Xanten geboren, verbrachte ich meine Kindheit und Jugend in Krefeld, der Heimatstadt meiner Vorfahren mütterlicherseits. 1976 wechselte ich nach dem Abitur auf der Ricarda-Huch-Schule an die Universität Münster, wo ich Geschichte, Ur- und Frühgeschichte sowie Klassische Archäologie studierte und in diesen Fächern promoviert wurde. Seit 1991 bin ich nach einigen Jahren der Berufstätigkeit im In- und Ausland in einer leitenden Position als Archäologin beim Landschaftsverband Rheinland, Amt für Bodendenkmalpflege in Xanten beschäftigt. Meinen ständigen Wohnsitz habe ich bis heute in Krefeld.
Am 11. Juli 2018 wurde ich auf der Mitgliederversammlung in der Alten Kirche einstimmig zur ersten Vorsitzenden des Vereins für Heimatkunde in Krefeld gewählt. Damit ist diese Position nach einer genau 100-jährigen, recht wechselvollen Vereinsgeschichte erstmals mit einer Frau besetzt. Für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanke ich mich hier noch einmal herzlich. Die traditionellen Aufgaben sind sowohl in organisatorischer als auch in inhaltlicher Sicht zahlreich und vielschichtig sowie — dies sei an dieser Stelle ausdrücklich betont — nur im ehrenamtlichen Zusammenwirken des Vorstands mit den Vereinsmitgliedern zu bewältigen. In den vergangenen Monaten konnten wir die Gunst der Stunde, das heißt das Wohlwollen, das uns durch die Personen in Politik und Verwaltung der Stadt Krefeld, aber auch durch die zahlreichen hiesigen Vertreter kultureller Institutionen und einige dem Verein geneigte Sponsoren, entgegengebracht wurde, mit großer Dankbarkeit nutzen.
Der Wechsel an der Vorstandsspitze hat betrüblicherweise einen sehr ernsten Grund: Robert Claßen musste nach langen Jahren zunächst als stellvertretender, ab 2009 dann in der Nachfolge von Dr. Reinhard Feinendegen als erster Vereinsvorsitzender wegen seiner gravierenden Erkrankungen sein Amt im Frühsommer unerwartet schnell niederlegen. Wollte man sein Wirken in eine einfachen Wortfolge fassen, müsste es heißen: Sensibilisieren —Bewahren — Integrieren. Ausschnitthaft sei hier an das deutschniederländische Net(z)werk-Projekt „Gemeinsame Geschichte —gemeinsame Gegenwart, Jugend für Toleranz und Demokratie“ erinnert. Außerdem verweise ich auf seine große Unterstützung zahlreicher Migrantinnen und Migranten, also Menschen, die ihre angestammte Heimat verlassen haben und in Krefeld eine neue Heimat finden wollen. Auch dies ist eine Angelegenheit, die der Verein für Heimatkunde schon seit einigen Jahren, unter anderem verbunden mit dem Begriff Toleranz, aufgegriffen hat. Der Landschaftsverband Rheinland ehrte Robert Claßen für seine unermüdliche ehrenamtliche Tätigkeit am 4. Juli 2018 mit Rheinlandtaler. Eine Woche später wurde er bei der Mitgliederversammlung einstimmig zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Ihm sei für sein engagiertes Wirken im und für den Verein herzlich gedankt!
Ein Thema, das der neu gewählte Vorstand sofort aufgreifen musste, waren die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen. Es hatte deshalb oberste Priorität, als der Festakt natürlich unumstößlich mit dem Jahr 2018 verbunden ist und uns die Zeit im wahrsten Sinne des Wortes davonlief. Zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung war erst ein Bruchteil des Programms organisiert, so zum Beispiel der Termin am 24. November und der würdige Ort der Feierlichkeiten — die Alte Kirche im historischen Stadtkern — deren Vertretern wir für die stetige freundliche Unterstützung des Vereins in den letzten Jahren herzlich danken! Der überwiegende Rest musste unverzüglich geplant, viele Akteure noch angesprochen, Sponsoren gefunden werden. Für die großzügige finanzielle Unterstützung der Krefelder Sparkasse, Volksbank und Stadtwerke sei hier ein herzliches Dankeschön ausgesprochen, das gleichermaßen an die Personen aus Politik und Verwaltung der Stadt und alldiejenigen, die sich unermüdlich an der Organisation beteiligt haben, sowie an alle Mitwirkenden des Jubiläumsfestes gerichtet ist.
Anders als bei vielen anderen Heimatvereinen oder Heimatbünden wurde der „Verein für Heimatkunde in Krefeld“ nicht erst nach Beendigung des Ersten Weltkrieges, sozusagen als Reaktion auf den verlorenen Krieg, sondern bereits gut acht Monate zuvor, am 22. Februar 1918, parallel zur Einrichtung eines Crefelder Heimatmuseums gegründet. Eines der Hauptziele war damals eine lokal ausgerichtete Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Geschichte ihrer Heimatstadt. Der Eintrag ins Vereinsregister erfolgte unter Nummer 291 allerdings erst am 24. März 1933. Die letzte, im Moment immer noch gültige Satzung aus dem Jahre 1983 bezieht alle kulturlandschaftlichen Aspekte ein, indem festgelegt wird,
„— alle Bestrebungen zu fördern, die auf eine Erforschung des Heimatraumes, insbesondere seiner Geschichte, gerichtet sind,
— die aus diesen Forschungen gewonnenen Erkenntnisse zu verbreiten,
— alle Bemühungen um Stadtbild- und Denkmalpflege, Natur- und Landschaftsschutz zu unterstützen,
— heimatbewusstes Denken, Sprechen und Handeln zu bewahren und zu wecken,
— die Vielfalt des Lebens in diesem Raum zu dokumentieren.“
Ein in thematischer und juristischer Sicht noch abschließend zu überarbeitender aktueller Satzungsentwurf greift darüber hinaus unter anderem das Thema „der Kultur- und Völkerverständigung“ auf. Außerdem werden Rechte und Pflichten des Vorstandes bzw. einzelner Vorstandsmitglieder, des Vereinsrates und anderer ehrenamtlich für den Verein tätiger Personen umfassender definiert.
Für die in der derzeit gültigen Satzung festgesetzte „Verbreitung“ bzw. „Dokumentation“ der „gewonnenen Erkenntnisse“ steht in allererster Linie das vereinseigene Jahrbuch „Die Heimat“ zur Verfügung. Diese in großer Vielfalt angelegte, wissenschaftlich-populärwissenschaftliche Publikation, deren Herstellung seit Jahren in den bewährten Händen der Druckerei und Verlag GmbH van Acken liegt, erscheint seit 1921 – mit einer neunjährigen Unterbrechung zwischen 1941 und 1950. Davor gab es im Jahre 1918 Zeitungsbeilagen beim Generalanzeiger, dem Vorläufer der Westdeutschen Zeitung. Die Beiträge generieren sich aus dem breiten Spektrum der Kulturlandschaftsgeschichte in und um Krefeld. Dabei muss ausdrücklich betont werden, dass es sich um ein Jahrbuch handelt, das ohne den selbstlosen ehrenamtlichen Einsatz des oder der Schriftleiter niemals in der nachvollziehbaren Qualität hätte erscheinen können und auch weiterhin erscheinen wird. Dazu beigetragen hat bis heute auch die großzügige finanzielle Unterstützung durch die Stadt Krefeld und den Landschaftsverband Rheinland. Nicht umsonst gab es im Jahre 1991 die durchaus angemessene Auszeichnung durch den Deutschen Heimatbund als „beste deutsche Heimatzeitschrift“.
Zum Begriff „Heimat“ selbst sei an die vielfältigen Beiträge in der Festschrift für Reinhard Feinendegen im Jahrgang 80, 2009 erinnert. Dort schreiben 46 Autorinnen und Autoren über Philosophie und Geschichte der Bezeichnung, Definitionen und Sprache, Orte und Gefühle, Erinnerungen und Gegenwartserlebnisse. Nachträge gibt es in den beiden Folgejahrgängen.
Ein besonderer Fokus muss auch weiterhin auf der Entwicklung der Mitgliederzahlen liegen. Sie sind immer einmal wieder stark schwankend: Direkt nach der Gründung gab es 275 Mitglieder. In den 1930er Jahren zählten wir über 1 000, in den 1960er Jahren um die 350 Personen. Gegen Ende der 1990er Jahre sind es über 900, im Moment 650 Mitglieder. Es muss eines der intensiv zu verfolgenden Ziele nicht nur des Vorstands, sondern auch jedes einzelnen derzeitigen Mitglieds sein, neue Interessierte „ins Boot zu holen“. Daher die eindringliche Bitte an die Leserschaft: Werben Sie in der Familie, Nachbarschaft oder bei Freunden und Bekannten!
Auf eine gute Zusammenarbeit!
Krefeld, den 26. Oktober 2018
Dr. Julia Obladen-Kauder
Liebe Leserinnen und Leser der Heimat,
die Heimat ist mit all ihren Neuerungen des letzten Jahrgangs gut von den Mitgliedern und Lesern angenommen worden. Das freut den Schriftleiter und hat ihn motiviert, für das anliegende Jubiläumsjahr 2018 einen etwas umfangreicheren Band vorzulegen. Dieses ging nur, weil der neugewählte Vorstand gerne die entsprechenden Mittel für die Herstellung zur Verfügung gestellt hat – und weil sich ausreichend Autoren fanden, das anspruchsvolle Ziel zu verwirklichen. An erster Stelle sei Dr. Ursula Broicher genannt, die sich sofort bereit erklärte, die Geschichte des Vereins für Heimatkunde zu schreiben. Dieser über vierzig Seiten starke Beitrag ist selbstverständlich der Eröffnungsaufsatz dieses Jahrgangs. Und wie im letzten Jahr an dieser Stelle berichtet, haben gute Worte und viele Tassen Kaffee immerhin doch über 35 Autoren dazu überredet, dem Verein und damit der Öffentlichkeit ihre Forschungsergebnisse zur Verfügung zu stellen. Dem Schriftleiter ist klar, dass den Autoren nicht nur inhaltlich, sondern auch wegen des strengen Einforderns der Formalien viel abverlangt worden ist. Aber nach allgemeiner Meinung hat sich augenscheinlich das einheitliche Bild der Zeitschrift bewährt. Erfreulicherweise kann auch diese Ausgabe mit der Kartenbeilage „75 Jahre Krefeld nach dem Schadensfall – Gedanken angesichts der noch heute sichtbaren Spuren in unserer Stadt vom Luftangriff am 22. Juni 1943″ bereichert werden; der Verein ist hier in einer guten Tradition, denn selbst die Vorkriegsausgaben der „Heimat“ haben wichtige Beilagen enthalten. Selbstverständlich wird ein aufmerksamer Leser den einen oder anderen Fehler finden – der Schriftleiter hofft aber, dass es keine allzu großen sind. Der Schriftleiter freut sich auf einen neuen Jahrgang 90 im Jahr 2019 – in dem Jahr, in dem der Verein für Heimatkunde Krefeld e.V. in sein zweites Jahrhundert blickt.
Stefan Kronsbein