Zeitschrift für niederrheinische Kultur- und Heimatpflege
Herausgegeben vom Verein für Heimatkunde in Krefeld
Schriftleitung Oskar Burghardt Reinhard Feinendegen
Jahrgang 61 November 1990
Liebe Leser!
Auf der Titelseite der diesjährigen „Heimat“ begegnet Ihnen ein Krefelder Stadtplan. Es ist nicht der allseits bekannte, mit dem Namen des Adolph von Vagedes verbundene, Plan aus dem Jahre 1819, der ja nur ein Stadterweiterungs-Entwurf war, sondern eine schlichte Bestandsfeststellung aus dem Anfang unseres Jahrhunderts, wie sie für den Gebrauch in den Krefelder Volksschulen gezeichnet wurde. Und doch läßt sich vieles daran ablesen, so zum Beispiel, daß das Bild des Stadtgrundrisses im wesentlichen intakt geblieben ist trotz Bombenkrieg und Verkehrsüberflutung. Was man allerdings nicht erkennen kann, das sind die gewaltigen Veränderungen, die sich an den die Straßen und Plätze säumenden Gebäuden ergeben haben: die verschwundenen oder neugestalteten Platzwände, die neuen Fassaden und Reklameflächen, die durch Hochhausbauten gestörten Sichtbezüge. Um Erhaltung oder Zerstörung, Restaurierung oder Neugestaltung in diesem Bereich geht es in einigen Beiträgen zu dem vorliegenden Band, insbesondere in der Bilanz, die Rolf-Bernd Hechler zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes für Krefeld zieht. Einzelnen Bauten widmen sich Sebastian Schritt, der die Pfarrkirche St. Johann gründlich erforscht hat und in Wort und Bild darstellt, Roland Schlüter, der von dem 100jährigen Stadtbad auf der Neusser Straße berichtet, sowie Hans-Peter Schwanke, der sich mit Rennbahn-Bauten und Friedhof-Denkmälern beschäftigt.
Von dem größeren Krefeld des Jahres 1990 ist auf dem alten Stadtplan noch nichts zu ahnen, aber der Jahrgang 61 der „Heimat“ trägt dem Wachstum der Stadt gebührend Rechnung: in dem umfangreichen Artikel, der die Entwicklung des jüngsten Krefelder Stadtteils, Gartenstadt. nachzeichnet, in den Ausführungen von Christoph Reichmann zu den alten Linner Kirchen, in auf Uerdingen und Oppum bezogenen Arbeiten.
Vielfalt und Weite der Themen sind wieder beachtlich: Neben Denkmalpflege, Stadtentwicklung und Archäologie sind die Kirchen- und die Profangeschichte, die historische Vermessungskunde, die Wirtschaft, das Sozialwesen, der Natur- und Umweltschutz vertreten. Ernst Köppen läßt die Gestalt des begabten Mundartdichters Josef Brocker lebendig werden, Eva Brües veröffentlicht Ab schnitte aus dem Kriegstagebuch ihres Vaters, eine Schülerarbeit ist die zusammenfassende Übersicht über Krefelds Nachkriegs-Oberbürgermeister.
Von aktuellem Interesse dürften die Überlegungen sein, die Wilhelm Stratmann in bezug auf Krefelds stadtgeschichtliche Museen anstellt. Am Anfang stand das sogenannte Heimatmuseum im Linner Jagdschloß, das auf Betreiben Karl Remberts und des von ihm damals geleiteten Vereins für Heimatkunde 1930 eingerichtet wurde. Im letzten Jahr ist der Ruf nach einer Vervollständigung der stadtgeschichtlichen Sammlungen immer lauter geworden, nach zeitgeschichtlichen Abteilungen, nach einem eigenen Dokumentationszentrum für die Geschichte der NS-Zeit, für das auch bereits ein Standort, nämlich die Villa Merländer auf der Friedrich-Ebert-Straße, ins Auge gefaßt worden ist. Einigkeit besteht darüber, daß der musealen Präsentation von Stadtgeschichte mehr Raum gegeben werden soll, wie auch die Weiterarbeit an der neuen vierbändigen Stadtgeschichte verstärkt fortgesetzt werden soll. Daß dabei die nunmehr 61 Jahrgänge der „Heimat“ eine besondere Rolle spielen werden, versteht sich von selbst, zumal sie nun durch das im vergangenen Jahr erschienene Register bis Band 59 erschlossen sind.
Unser Jahrbuch hat wieder viel Unterstützung erfahren, für die herzlich gedankt sei: der Stadt Krefeld, dem Landschaftsverband Rheinland, dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, den Inserenten und auch der Druckerei van Acken, die in gewohnter Weise die gesamte Herstellung besorgt hat. Vor allem haben wir den Autoren zu danken und den Leihgebern der Abbildungsvorlagen, ferner den Mitgliedern des Vereins für Heimatkunde, die mithelfen, daß unser Jahrbuch auf kostengünstige Weise rechtzeitig vor Weihnachten zugestellt wird. An Sie alle ergeht die herzliche Bitte: Lassen Sie die „Heimat‘ nicht im Stich, geben Sie uns Beiträge, Bilder, Anzeigen, Zuschüsse, damit wir noch viele interessante Bände herausbringen können. Daß ein großer Leserkreis darauf wartet, dessen können wir gewiß sein.
Oskar Burghardt, Reinhard Feinendegen