I. Längs und quer und rundherum:
Spaziergang durch Krefeld auf mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wegen

von Georg Opdenberg

Karte 1
Karte 1: Quer durch Krefeld auf mittelalterlichen Wegen

Dass die kleine, mittelalterliche Ackerbürgerstadt Krefeld die Zerstörung von 1584 „überlebte“ und nicht als Wüstung endete, sondern erfolgreich wieder aufgebaut wurde, verdankte sie ausschließlich ihrer, vom oranischen Landesherrn aufgezwungenen Funktion als „abgelegene Abschiebeinsel für Mennoniten“. Dank deren Fleiß und wirtschaftlicher Tätigkeit erlebte die Stadt einen steilen wirtschaftlichen Aufschwung, der letztendlich allen Krefeldern zugutekam. Alle „Stadtauslagen“ – wie die einseitig, nur in eine Richtung erfolgten Erweiterungen hier genannt werden – wurden durch Wohnraummangel erzwungen. In der 100-jährigen Oranierherrschaft, dem ersten goldenen Zeitalter der Stadt, wurden alle Voraussetzungen für das weitere Wachstum geschaffen und von der preußischen Politik weiter entwickelt für das Textilgewerbe (*1).

Auf der Cracauer Straße und am Beginn der Straße Am Hohen Haus stehen wir hier am ehemaligen Zugang zur Burg Cracau. Von der Burg, die in den ersten 300 Jahren der Stadtgeschichte für den Landesherrn wichtiger war als die Stadt, ist leider fast nichts mehr übriggeblieben. Die heute hier rechts und links stehenden Häuser auf der Straße Am Hohen Haus entstanden während der belgischen Besatzung nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg. Krefeld war mit mehr als 6000 Soldaten die größte belgische Garnison außerhalb Belgiens, eine heute kaum mehr bekannte Tatsache. Um Wohnraum für die belgischen Offiziersfamilien zu schaffen, ließ die Stadtverwaltung in der Zeit von 1919 bis 1925 unter anderem auch die hier stehenden Gebäude im Jahr 1924 bauen. Bemerkenswert sind die Häuser Nr. 10-20 des Architekten August Biebricher. Der Stil soll von dem Barockbaumeister Konrad Schlaun aus Münster beeinflusst sein, den Biebricher sehr verehrte (*2).

Abb. 1: Eroberung der Festung Crakau durch spanische Truppen
Abb. 1: Eroberung der Festung Crakau durch spanische Truppen unter dem Grafen de Bucquoi im Jahre 1605; Kupferstich aus einem, dem Generalissimus Spinola 1609 gewidmeten Werk von Gamurini (Tafel I)

An der Bogenstraße sehen wir heute die wenigen letzten Reste der Burg. Erbaut wurde sie mutmaßlich deutlich nach 1373 im Zusammenhang mit der vorgegebenen Stadtbefestigung mit Toren, Türmen, Mauern und Gräben. Wir können sie uns vorstellen als Turmhaus mit einem geschlossenen rechteckigen Baukörper und vier vorkragenden Wehrerkern an den Ecken, ein in den Niederlanden sehr verbreiteter Bautyp. Eine erste sichere Nachricht hierzu gibt es von 1406 in Zusammenhang mit einem Ziegelofen, der auf dem Gebiet des Erzstiftes liegen soll.

Seit dem truchsessischen Krieg 1584 war die strategische Bedeutung dieser, auf drei Seiten von tiefem Morast umgebenen Burg den spanischen und niederländischen Kriegsparteien gut bekannt. Sie wechselte alle paar Jahre den Besitzer und die Besatzung, die die umliegenden Länder mit „excursien“ heimsuchte und für die die Krefelder jeweils sechs „Hausleute“ Sommers wie Winters bereitstellen, die bei Gefahr auch Wachdienste leisten mussten. Im Auftrag des Moritz von Oranien gelang am 9. Februar 1601 die Einnahme der Burg Crakau, weil deren Besatzung es versäumt hatte, den Burggraben vom Eis offen zu halten (*3). Moritz beabsichtigte ein Festungsdreieck anzulegen, bestehend aus Moers, Crakau und einer neuen Festung auf dem Rhein, damit diese sich „einander befreien“ könnten.

Da Crakau aufgrund seiner Lage im Bruch nur von einer Seite, nämlich der Krefelder Platte, belagert werden konnte und daher mit vier Bollwerken zu sichern sei, ließ er es zur Festung ausbauen. Am 8. November 1605 aber gelang es den Spaniern, die noch nicht voll ausgebaute Festung zu erobern, da die Außengräben weitgehend ausgetrocknet waren und mit Schanzkörben und Faschinen (= Bündeln aus Reisig) überwunden werden konnten (Bild auf Tafel I oben links und Abb. 1).

Tafel I
Tafel I

Moritz konnte am 17. September 1607 Crakau und Krefeld ohne Truppeneinsatz wieder in Besitz nehmen. Da aber beide Seiten der Kriegsparteien nicht mehr in der Lage waren, die enormen Kriegskosten zu tragen, wurde am 24. April 1607 in Brüssel ein Neutralitätsvertrag abgeschlossen. Hierin wurde auch festgelegt, dass den Einwohnern von Haus und Herrlichkeit Crakau und Krefeld – man beachte die Reihenfolge – jene Neutralität gewährt werde, die zur Zeit der Gräfin Walburgis 1598 gegolten habe und die im folgenden Dreißigjährigen Krieg feindliche Truppen von Krefeld fernhielt. Am 12. August 1622 erneuerten Moritz und die Infantin Isabella von Spanien den Neutralitätsvertrag. Bei dessen Verhandlung erklärte sich Moritz erstmalig bereit, unter bestimmten Bedingungen die Festung Crakau schleifen zu lassen. Crakau wird nebensächlich, der Aufbau der Stadt ist wichtiger.

Unter Wilhelm Heinrich von Oranien kam dann das Aus für die Festung Crakau. 1680 wurde sie auf Befehl des Prinzen abgebrochen. Verantwortlich hierfür waren wohl die Kosten für die Unterhaltung. Die Steine aus dem Abbruch waren 1682 für Reparaturarbeiten an Festung und Schloss Moers vorgesehen, aber auf Ersuchen des Magistrats und der Bürger von Krefeld gestattete der Prinz die Verwendung zum Bau einer steinernen Korn-Windmühle. Steine aus dem Abbruch wurden auch für die Stadtmauer der ersten Auslage verwendet (*4). Die Burgreste als preußische Domäne pachtete 1719 Hubert Rahr und baute darauf 1730-40 einen zweistöckigen Mittelbau mit Türmchen und zwei einstöckigen Seitenflügeln, das sogenannte „Schloss“, das beim Bombenangriff im Juni 1943 vollständig zerstört wurde.

Nachdem Crakau 1775 über Heinrich von Beckeraths Schwiegermutter Elisabeth Rahr, geborene Sohmann, in Privatbesitz übergegangen war, errichtete dieser auf dem alten Burghügel, in dem noch Mauerreste der Burg stecken, das so genannte „hohe Haus“. Große Teile der ehemaligen Festung wurden Ende des 19. Jahrhunderts noch bei den Vorarbeiten zur Anlage der Bogenstraße abgebrochen. Als „Zitat“ wurden dann hier an einer Stützmauer die alten Kanonenkugeln eingesetzt. Dieses Stück Mauer ist also, wie man heute so schön sagt, ein „Fake“.

Weiter geht es nun zum von-Beckerath-Platz. Wie viele verfolgte Mennoniten, suchte um 1690 Jakob von Beckerath aus Rheydt in Krefeld Schutz. Einige seiner Nachkommen konnten sich als Textilverleger hier niederlassen und gehörten der Oberschicht an. Eine zweite Linie brachte während des 18. Jahrhunderts vorwiegend Handwerker und einfache Kaufleute hervor. Heinrich Leonhard von Beckerath notiert 1905 über die 1840er Jahre: Die beiden Familien von Beckerath lebten fast nur von den Erzeugnissen des Gutes. Abends gab es häufig nur Getreidesuppe. Dass ihnen gehörige Schloss Crakau, in dem die Seidenfabrikanten Heinrich und Gerhard von Beckerath lebten, war einfach und ohne alle Äußerlichkeiten eingerichtet (*5). Hierzu passt auch das, was über den Bankier und Politiker Hermann von Beckerath (1801-1870) bekannt ist. Sein Großvater war einfacher Bandweber und sein Vater Peter musste als jüngstes von 10 Kindern schon früh das Elternhaus verlassen. Als Vertreter des liberalen Bürgertums trat Hermann 1843 auf dem rheinischen Provinzial-Landtag unter anderem für die volle Gleichberechtigung der Juden ein, desgleichen ab 1848 als Finanzminister im gerade entstehenden Deutschen Reich (Abb. 2).

Abb. 2: Portrait des Hermann von Beckerath
Abb. 2: Portrait des Hermann von Beckerath

Wir verlassen jetzt die ehemaligen Sümpfe um Crakau, erklimmen die Krefelder Platte und folgen der Wiedstraße. Die Straße hat ihren Namen von Wilhelm von Wied, Graf von Moers (geboren um 1460, gestorben 1526). 1493 eingesetzt von seinem Vorgänger Graf Vinzenz von Moers, dem Großvater seiner Gemahlin, musste er fast die ganze Zeit seiner Herrschaft dulden, dass wegen Geldansprüchen gegenüber Krefeld und Crakau dort der Herzog von Geldern die tatsächliche Macht durch seine Truppen und seine Beamten ausübte. Anna, die Tochter Wilhelms, heiratete 1518 Wilhelm von Neuenahr, der 1541 in den Besitz von Krefeld und Crakau kam und 1552 starb. Etwa in der Mitte der südlichen Seite der Wiedstraße befindet sich seit gut 10 Jahren die Synagoge der jüdischen Gemeinde. In der Fassade sind die Fenster, die Jan Thorn-Prikker in den 1920er Jahren für die neu gestaltete neue Synagoge an der Marktstraße / Petersstraße entworfen hatte, zu sehen.

Bevor wir nun die Philadelphiastraße überqueren, wollen wir eben noch einmal zurückblicken. Wie sicher jeder bemerkt hat, sind wir ein ganzes Stück des Weges bergauf gegangen. Wir kamen aus dem „Tal“, worauf Straßennamen wie, Leyental-, Blumental– oder Talstraße hinweisen. Die Gelände- oder Terrassenkante längs durch das ganze Siedlungsgebiet Krefelds, von Hüls bis hinter Fischeln, lässt sich auch heute noch im Stadtgebiet gut verfolgen (Abb. 3). Wie steil diese Kante war, ist gut an der Westseite des Kaiser-Friedrich-Hain, an der Steckendorfer Straße zu beobachten. Diese Kante entstand im Zeitraum vor gut 60.000 Jahren während der Weichsel-Kaltzeit durch Aufschotterung der Niederterrasse mit der Geröllfracht des Rheins bis zu der vor etwa 12.000 Jahren beginnenden Nacheiszeit, in der sich der Rhein in die heutige Talaue zurückzog. Sie beeinflusste die frühe Besiedlung dieses Raumes. Die späteren Siedler hatten die Möglichkeit, nicht nur im tiefer gelegenen Niederterrassengebiet Weidewirtschaft zu betreiben und Wasser zu schöpfen, sondern gleich anschließend die gut 5 m höher gelegenen grundwasserfernen Flächen auf der unteren Mittelterrasse mit ihren fruchtbaren, wasserspeichernden Lössböden ackerbaulich zu nutzen (*6).

Abb. 3: Tranchot-Karte 1804: Wegesystem von der Stadt zur Burg
Abb. 3: Tranchot-Karte 1804: Wegesystem von der Stadt zur Burg, Terrassenkante und Bebauungsgrenze, die Reste der Burg mit den noch vorhandenen Befestigungswällen und die Uerdinger Straße als Fremdkörper

Zurück zur Philadelphiastraße. Ihr Name hat folgenden historischen Hintergrund: Germantown – die Stadt, die 1683 von 13 Krefelder Auswandererfamilien, überwiegend Quäker, gegründet worden war – ging irgendwann in der benachbarten größeren Stadt Philadelphia auf. Philadelphia – der Name bedeutet Bruderliebe – war wiederum 1682 von William Penn gegründet worden, nach dem der US-Bundesstaat Pennsylvania benannt ist. Im Herbst 1951 wurde schließlich die Hauptverkehrsader im Osten der Stadt und eine Parallele zum Ostwall, die ursprünglich Kronprinzenstraße hieß und dem Viertel den Namen gegeben hatte, in Philadelphiastraße umbenannt. Die Umbenennung sollte Dank und Anerkennung für die Hilfeleistungen der amerikanischen Mennoniten in der Nachkriegszeit sein. Da zu gleicher Zeit des 300. Geburtstages von Franz Daniel Pastorius gedacht werden sollte, der die 13 Familien in die Neue Welt geführt hatte, sollte der Platz an der Wiedenhofstraße oder der Platz an der alten Kirche in Pastoriusplatz umbenannt werden, wofür sich aber keine Mehrheit fand. Ein Jahr später wurde nach ihm als Verfasser der ersten Schrift gegen die Sklaverei, die auch noch von einigen anderen Krefeldern unterschrieben worden war, eine Straße in Linn benannt. 1983 wurde beiderseits des Atlantiks die Philadelphiade ganz groß gefeiert, zu der auch der US-amerikanische Vizepräsident Busch nach Krefeld kam (Abb. 4).

Abb. 4: Foto des Philadelphiahauses
Abb. 4: Foto des Philadelphiahauses aus dem Jahre 1960

Die Vinzenzstraße, der wir jetzt folgen, war ursprünglich der alte Weg von der Stadt zur Burg Crakau und wurde Ende des 19. Jahrhunderts nach Vinzenz, Graf von Moers benannt (geboren 1448, gestorben 1499). Der Herr von Krefeld mischte sich stark in die Streitigkeiten zwischen den benachbarten Territorialherren ein, was zu mehrfachen militärischen Besetzungen von Krefeld führte, verbunden mit erheblichen Schäden und Verlusten bei der Bevölkerung. Der Notlage, in die er dadurch selbst geriet, versuchte er durch Verpfändung zu begegnen. 1493 übertrug er wegen seines Alters und seiner Schulden alle seine Besitzungen an Wilhelm von Wied, den Mann seiner Enkelin Margarethe, der Schwester des Grafen Bernhard von Moers, der 1501 starb (siehe oben).

Wir queren jetzt den Dampfmühlenweg, ursprünglich ein Mühlenweg. An der Ecke zur Rheinstraße stand die erste in Krefeld errichtete Dampfmühle. Krefeld gehörte zu den ersten Städten in Deutschland, die Maschinen in der Textilindustrie einsetzten: 1816 für Spulmaschinen in der Tuchfabrik Sohmann und spätestens 1819 bei Hunzinger. Ende 1829 wurde die Konzession für die von Johann Dinnendahl aus Mülheim an der Ruhr gebaute Dampfmühle erteilt, einem der Pioniere in der Dampfmaschinenentwicklung. Sie umfasste eine Fruchtmühle mit vier Gängen, eine Ölmühle, eine Farbholz- und Perlmühle sowie eine Knochenstampfe. Sie wurde von einer Dampfmaschine mit 24 PS angetrieben. Von 1816 bis 1849 wurden in Krefeld insgesamt 13 Dampfmaschinen und acht Lokomotiven aufgestellt. Die wachsende Anzahl von Dampfmaschinen führte schließlich auch zur Anlage von entsprechenden Werkstätten, so dass die Krefelder Industrie fortan zum Teil von hier versorgt werden konnte (Abb. 5).

Abb. 5: Reklame der Krefelder Fabrik Johann Schaefer Söhne
Abb. 5: Reklame der Krefelder Fabrik Johann Schaefer Söhne für Dampfmaschinen aus dem Jahr 1897

Unser nächstes Wegestück kann man nur Sträßchen nennen, es ist der Bleichpfad, der ursprünglich zur Stadtbleiche führte. Nach der Vertreibung der Mennoniten aus Gladbach und Rheydt rückte Krefeld zum Vorort des niederrheinischen Leinengewerbes auf. Dass eine Stadt, die nur an der Peripherie des Flachslandes (*7) zeitweilig zu dessen Zentrum aufsteigen konnte, ist nur mit den politischen Schachzügen der Territorialherren zu erklären, zu denen Verfolgung und Aufnahme Andersgläubiger gehörte. Hergestellt wurde am Niederrhein eine besonders feine Leinwand, das so genannte Stulpen-Leinen, das auf einem besonderen Webstuhl gewebt und das einer besonders sorgfältigen Bleiche bedurfte.

Das älteste Bleichverfahren ist die Rasenbleiche (Abb. 6). Die Gewebe werden auf Rasen ausgebreitet, durch Regen, Tau und aufgebraustes Wasser benetzt und der Luft sowie dem Sonnenlicht ausgesetzt. Licht und Sauerstoff wirken hierbei gleichzeitig unter der Bildung von Ozon. Dadurch werden die färbenden Substanzen zerstört. Viel schneller als die Rasenbleiche wirkt die Chlorbleiche, bei der man das Gewebe nach dem Chlorbad in ein schwaches Säurebad gibt. Bereits vor 1692 besaß Krefeld eine Stadtbleiche gegenüber der Burg Crakau. Der Ort wurde gewählt, weil hier aus der Terrassenkante frisches Quellwasser austrat. Als das Gut Crakau 1719 verpachtet wurde, legte man dort neben einer Essigbrauerei auch eine holländische Bleiche an. 1759 und 1777 wurde das Gelände der alten Stadtbleiche von der Familie von der Leyen erworben, um hier eine „couleur“-Färberei zu errichten.

Abb. 6: Wäschebleiche
Abb. 6: Wäschebleiche auf einem Gemälde von Max Liebermann

Wie sehr sich schon zu Beginn der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts das Leinengewerbe als Haupterwerbsquelle durchgesetzt hatte, erkennt man daran, dass die kleine Quäkergruppe – die erste organisierte deutsche Gruppe, die 1683 nach Pennsylvania auswanderte (siehe oben) – das Wissen um die Leinwandherstellung mitnahm. Die von ihnen gegründete Stadt Germantown, wählte als Stadtsiegel ein Dreiblatt, auf dem ein Weinstock, die Flachsblume und eine Weberspule abgebildet waren. Hermann op den ­Graeff, einer der Auswanderer, schrieb 1685 an seinen Vater in Krefeld: Sie begännen schon Flachs zu spinnen. Diese Auswanderergruppe war für die Textilgeschichte der USA die Wichtigste, vergleichbar mit der Einwanderung der Mennoniten in Krefeld (*8). Nach dem so genannten Münkerhof-Verzeichnis von 1716, der ältesten Krefelder Bevölkerungsliste, gab es in Krefeld 87 Leinenweber-Haushalte. Hinzu kamen nochmals insgesamt 155 Haushalte der Lintwirker, Linnenreider, Spinner, Spuler, Weber, Färber, Packer, Rietmacher (Hersteller von Webkämmen), Webstuhlmacher, Reider und Händler. 40% der Einwohner waren also vollständig oder teilweise im Leinengewerbe tätig (*9).

Wir queren nun den Ostwall, der nichts mit ehemaligen mittelalterlichen Stadt-Wällen zu tun hat, sondern ­– wie die anderen „Vier Wälle“ auch – 1819 direkt nach der Franzosenzeit als Grünanlage im Zuge der Stadterweiterung von Adolf von Vagedes geplant worden ist, als Trennung zwischen der geordnet bebauten Stadt und dem ungeordneten Umland mit Äckern, Gärten und Wiesen. Etwas ähnliches hatte Vagedes auch für Düsseldorf angedacht, aber dort hat es nur für die so genannte „Kö“ (Königsallee) gereicht. Dabei werfen wir auch noch schnell einen Blick in die Uerdinger Straße, mit der erstmals Krefeld und Uerdingen verbunden worden ist. Sie wurde geplant und gebaut von den Franzosen, eine klassische militärgeographische Straße als Deich durch die Sümpfe, die Krefeld von Uerdingen genauso trennten, wie die Landesgrenze.

Vorbei an U. d. U. (= Unter der Uhr), in den 1960- und 1970ern der angesagte Treffpunkt für Schüler und Schülerinnen nach dem Unterricht und nach der Zeugnisausgabe so voll, dass die Polizei eingreifen musste, kommen wir in die Altstadt, nachdem wir eine torartige Bebauung durchschritten haben. Genau genommen aber ist es erst der Bereich vor der Neustadt. Wir erreichen linker Hand das Behnisch-Haus – ein moderner Glaskasten im dekonstruktiven Stil, vor gut 20 Jahren errichtet, etwa 12 m breit und circa 180 m lang. Es steht auf dem ehemaligen Stadt-Wall, der die oranische Neustadt auf der Ostseite schützen sollte.

Die Lohstraße, die wir jetzt queren, erinnert an die Gerbereien, in denen mit Eichenrinde (Lohe) aus den Häuten Leder gemacht wurde, und die hier wegen der Geruchsbelästigung im Osten der Stadt an dem neuen Stadtgraben angesiedelt waren. Das unscheinbare weiße Eckhaus mit den vergitterten Fenstern rechts neben der Tiefgaragenausfahrt stammt wohl noch aus der Zeit der Erweiterung, also kurz vor oder um 1700 und wurde nach neueren Untersuchungen in den 1730er Jahren aufgestockt (vgl. Beitrag Eva-Maria Eifert in diesem Band, S. xx-xx). Wir treffen auf die Königstraße. Sie wurde benannt nach Wilhelm III. von Oranien-Nassau, geboren am 14. November 1650 in Den Haag / Niederlande, gestorben am 19. März 1702 in Hampton Court / Großbritannien. Die Oranier hatten ihre Vormachtstellung verloren, aber der junge Wilhelm übernahm die Führung des Staates und 1674 wurde die Grafschaft Moers wieder frei.

Im Kampf gegen den katholischen englischen König Jakob II. beriefen die parlamentarischen Parteien Wilhelm auf den Thron, der mit der protestantischen ältesten Tochter Jakobs verheiratet war. So war der Herr der Grafschaft Moers ab 1689 nicht nur Statthalter der Niederlande, sondern auch König von England. Die Ehe blieb kinderlos, er starb 1702 als der letzte Oranier. Ihm zu Ehren wurde 1693 in dem aufblühenden Krefeld die Hauptstraße der ersten Stadtauslage König­straße genannt. Mit ihrem schnurgeraden Verlauf, den rechtwinkligen Nebenstraßen und der „Reihenhausbebauung“ wurde sie Vorbild für alle folgenden Stadtauslagen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Nach den Oraniern übernahmen ab 1702 die Preußen das Regiment in der Stadt, bis sie 1794 von den Franzosen abgelöst wurden. Die oranische und die preußische Epoche waren die beiden goldenen Jahrhunderte in der Entwicklung der Stadt. Mehr hierzu gibt es später in einem anderen Stadtgang.

An der Kreuzung der Mennoniten-Kirch-Straße mit der Angerhausenstraße treten wir in das Mittelalter. Die Mennoniten-Kirch-Straße markiert den Verlauf der Stadtmauer, die um 1400 etwa in der Mitte der heutigen Straße erbaut wurde. Die heutige Angerhausenstraße, die im 18. Jahrhundert nach der Burg Crakau noch Burgstraße hieß, ist ein kleines Stück der uralten Ost-West-Verbindung, an deren Schnitt mit der möglicherweise schon römischen Nord–Südverbindung, der „Hohen Straße“, Krefeld entstanden ist. Trotz der neuen Bebauung in diesem alten Sträßchen spürt man noch, wie an dem ursprünglichen Pfad von der Hochstraße her ab etwa 1660 nach und nach ebenfalls Hausplätze entstanden und den Weg in ein Korsett zwangen.

Auffällig ist auch das Straßengefälle. Von der Stadtmauer und dem Graben aus geht es das erste Drittel leicht abwärts und dann wieder aufwärts zur „Hohen Straße“. Der tiefste Punkt der Straße liegt also nicht an deren Ende, am ehemaligen Stadtgraben. Dies führte dazu, dass bei starkem Regen das Wasser am unteren Ende der Trasse in die Häuser floss. Dieser Missstand wird schon in alten Akten aus der Franzosenzeit angemerkt. Als Ursache gab man damals an, dass der kleine Graben in der Mitte der Straße nicht regelmäßig gereinigt und damit auch vertieft wurde. Die Untiefe passt zu den Unregelmäßigkeiten in der Grundstücksstruktur beiderseits der Straße und legt den Schluss nahe, dass sich an dieser tiefen Stelle wohl der Umfassungsgraben des mittelalterlichen Dorfs Krefeld vor dem Bau der Stadtmauer befand. Mit dem Bau der Stadtmauer etwas weiter östlich konnte so vorausschauend das Stadtgebiet klammheimlich etwas vergrößert werden. Auf solche kleinen, aber erkenntnisreichen Höhenunterschiede und Versprünge werden wir noch häufiger treffen.

Nun kreuzen wir die hochwasserfreie, mit leichtem Gefälle nach beiden Seiten versehene Hochstraße, die uralte Nord-Südverbindung, von Fischeln nach Hüls, oder weiter gedacht von Neuss nach Geldern. Keine 50 Schritte nach Süden stößt auch die kleine Evangelische-Kirch-Straße – ursprünglich von Linn kommend und nach Kempen weiterführend – auf die „Hohe Straße“. An diesem Wegedreieck auf einem wilden Krähenfeld, wie es auf einer alten Tafel an der „Alten Kirche“ geschrieben steht, entstand um 1100 das Dorf Krinvelde oder Creinvelt mit einer kleinen Kirche und einem Kirchhof als geistlichem Zentrum. Und nur ein paar Schritte weiter lag und liegt immer noch das weltliche Zentrum, der Schwanenmarkt, an dem sich später auch das alte Rathaus befand. Kriegsbedingt und der Modernisierung geschuldet, steht hier so gut wie kein einziges altes Haus mehr und doch verrät die Grundstücksstruktur noch die ganze Entstehungsgeschichte.

Umringt von den wenigen Häusern des Ortes, lag der Marktplatz in der Mitte der Stadt. Östlich daran angrenzend – an der Hochstraße – befand sich ein kleiner Vieh- und Pferdemarkt, südlich daran – bis vor den Kirchhof – ein Buttermarkt. Sozusagen als Probelauf vor der Stadterhebung verlieh Kaiser Karl IV. mit Urkunde vom 14. April 1361 auf Fürsprache des Kölner Erzbischofs, Wilhelm von Gennep, dem Grafen Dietrich VI. das Recht, einen Jahr- und Wochenmarkt abzuhalten. Mit einer 12 Jahre später in Prag am 1. Oktober 1373 ausgestellten Urkunde ermächtigte Karl IV. den Grafen Friedrich von Moers, sein Dorf Krefeld zwischen den Städten Linn und Kempen zu einer befestigten Marktstadt zu erheben, mit Gräben, Mauern, Türmen, Toren – und was sonst noch dazu gehört – sowie einem sonntäglichen Markt, beginnend am Samstag bei Sonnenuntergang und endend am Montag bei Sonnenaufgang. Dies ist die Geburtsstunde der Stadt Krefeld. Zu ihrer Verbesserung und Befestigung billigte der Kaiser dem Grafen sowie den Bürgern und Einwohnern der Stadt die Erhebung eines „alten Turnoser Groschen“ – eine seit 1266 wichtige Handelsmünze von etwa 4,22 Gramm Feinsilber – für jedes Pferd, das von Kauf- und Fuhrleuten zum Warentransport oder Verkauf bestimmt war.

Das erstmals 1569 erwähnte Rathaus mit der Marktwaage stand wohl frei mitten auf dem Marktplatz, wie beispielsweise heute noch in Venlo. Der hervorstehende Teil des ehemaligen Dhein-Hauses nimmt heute seinen Platz ein und der angedeutete Dreiecksgiebel soll sich auch auf das alte Rathaus beziehen. Mit der Zeit wurde der Platz nach und nach immer mehr überbaut. Der Marktplatz hatte seinen Namen von der Pumpe hier, die von einem lebensgroßen weißen Schwan aus Eisenblech gekrönt war. Da die Grafschaft Moers Mitte des 16. Jahrhunderts ein Lehen des Herzogtums Kleve geworden war, könnte der Schwan ein Hinweis auf Kleve mit der Schwanenburg sein. Auch in Hüls, das ebenfalls einmal zur Grafschaft Moers gehörte, gab es einen Schwanenmarkt. In Krefeld stand die Pumpe am Durchgang von der Hochstraße zur Evertsstraße, die weiter zu dem gleichnamigen großen Turm in der Stadtmauer an der Wiedenhofstraße führte.

Wir stehen jetzt hier auf dem Platz „An der alten Kirche“, an die heute nichts mehr erinnert außer die Ortsbezeichnung und ein paar Architekturfragmente im neuen Glockenturm. Krefelds erste und älteste Kirche war dem Schutzpatron der Franken, dem hl. Dionysius geweiht. Bei Ausgrabungen Anfang der 1950er Jahre durch Albert Steeger wurden Reste einer Kleinkirche gefunden, die wohl um 1000 zu Teilen aus römischem Baumaterial in zweiter Verwendung errichtet worden war. Das war der bisherige Forschungsstand.

Neue Untersuchungen deuten jedoch auf eine vielleicht viel früher erfolgte Kirchengründung (*10). Zur Zeit des Kölner Bischofs Kunibert, Ende des 7. Jahrhunderts, wurden in unserem Raum sechs kleine steinerne Kirchen von etwa 6 x 6 Meter erbaut, alle ganz ungewöhnlich für diese Zeit auf freiem Felde und an einer Wegekreuzung. Auf dem heutigen Krefelder Stadtgebiet betrifft das die „Alde Kerk“, St. Clemens in Fischeln und die ursprünglich dem heiligen Dionysius geweihte heutige „Alte Kirche“. Bischof Kunibert ließ zur gleichen Zeit als Grabeskirche für sich eine Clemenskirche erbauen und der Merowinger König Dagobert in Paris wählte für sich St. Denis (Dionysius).

Es stellt sich die Frage, was der Grund für den Bau dieser sechs Kirchen gewesen sein könnte, für die große Mengen an Baumaterial, ursprünglich römisch und möglicherweise aus Köln, herbeigeschafft werden mussten. Sollte ein Verbund von Pfarreien gegründet werden, um kirchliche Strukturen zu schaffen? Oder galt es, die verstreut lebende Bevölkerung zu bewegen, sich rund um die neuen Kirchen anzusiedeln? Dort, wo die uralte, hochwasserfreie Nord-Südverbindung, die Hohe Straße, von dem westlich führenden Weg, der von Gellep kam, gekreuzt wurde, war dieser Versuch – wenn auch Jahrhunderte später – auf jeden Fall erfolgreich. Aus der kleinen Ansiedlung auf dem „Krähenfeld“, wurde dann die spätere Stadt Krefeld.

Über der ersten Kirche, an die in der Folgezeit noch ein kleiner Chor angebaut worden war, fanden sich dann Reste einer Saalkirche aus dem 12. Jahrhundert. Diese wurde wohl im Zusammenhang mit der Stadtgründung und einem Anwachsen der Bevölkerung im 14. Jahrhundert mit Seitenschiffen erweitert. 1472 begann man nach einer Inschrift mit dem Bau einer spätgotischen Kirche. Das beherrschende Bauteil war der Turm, für den Graf Vinzenz den Grundstein legte. Maßgeblicher Bauherr war das Kloster Meer, das als Empfänger des Krefelder Zehnten für das Kirchenschiff verantwortlich war. Für den Chor mit dem Altar war der Pfarrer zuständig und für den Turm die Gemeinde, war er doch als Ausguck bei Gefahr und als letzte feste Zuflucht wichtig für die Bewohner der Stadt (Abb. 7).

Abb. 7: Alte Kirche und Rathaus
Abb. 7: Alte Kirche und Rathaus, Ausschnitt aus der Stadtansicht von D. Braches um 1787; das Original befindet sich im Jagdschloss der Burg Linn

Nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 führte Graf Hermann 1565 das reformierte Bekenntnis in Krefeld ein. Dies hatte auch Auswirkungen auf die „Alte Kirche“: Die Katholiken mussten nun in die kleine Klosterkirche St. Johann Baptist ausweichen, die in der Nordwestecke der Stadt stand, dort, wo sich heute das Standesamt befindet. Gegründet worden war das Kloster und Seniorinnenstift um 1430.

1840 wurde das gotische Langhaus der „Alten Kirche“ abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Bei dem großen Luftangriff am 21. Juni 1943 wurde das Gotteshaus zu großen Teilen zerstört. Der spätgotische Turm, ein Wahrzeichen der Stadt, stürzte im April 1951 ein, bedingt durch große Kriegsschäden und einem kleinen Erdbeben (Abb. 8). Der Neubau der Kirche mit Türen von Ewald Mataré wurde 1952 eingeweiht. In die Außenwand der reformierten „Alten Kirche“ wurde eine Tafel von 1747 eingemauert, die ursprünglich an der alten Schule angebracht war, die hier zwischen der Kirche und dem Schwanenmarkt stand. Die Tafel enthält einen moralisierenden Spruch, der über den Namen Krefeld Aufschluss gibt. Hiervon kann dann auch – wenn man weiß, dass in Krefeld ein Vogelkäfig Kau genannt wurde – der Name Crakau abgeleitet werden.

Abb. 8: Der kriegsgeschädigte spätgotische Turm der Alten Kirche
Abb. 8: Der kriegsgeschädigte spätgotische Turm der Alten Kirche im April 1951, einen Tag vor seinem Einsturz

Am 4. September 1584, im kölnischen Krieg, eroberten die Truppen von Ernst von Bayern Krefeld und steckten die Stadt in Brand. Nur größere Steinbauten wie die „Alte Kirche“, die Klosterkirche St. Johann Baptist, die Stadtmauer und die Tore blieben in den Grundmauern stehen. In der vollständig zerstörten Stadt verblieb nach der Überlieferung nur eine alte Frau mit ihrer Ziege. Dies wurde erzählt, damit die Stadtrechte nicht verfielen. Erst um etwa 1590 kehrten die ersten Krefelder wieder in ihre Stadt zurück, sofern sie sich nicht schon woanders niedergelassen hatten.

In der mittelalterlichen Stadt mit ihren etwa 50 Hausplätzen, die meisten mit Gärten, zu denen noch einige Bauernhöfe kamen, lebten 1606 etwa 350 Menschen. Durch den Zuzug von 70 mennonitischen Familien, die hier 1654 Schutz fanden, verdoppelte sich die Zahl der hier nun lebenden Menschen fast, und neuer Wohnraum war dringend gefordert. Der oranische Landesherr versprach sich von den Neubürgern einen wirtschaftlichen Aufschwung und wurde auch nicht enttäuscht. Nur südwestlich der Kirche gab es noch eine nennenswerte Freifläche mit dem Kirchhof, der bis an die Stadtmauer reichte. Eine solch‘ geschützte und gesicherte Freifläche war in mittelalterlichen Städten notwendig, um die Landbevölkerung mit ihrem Vieh in Krisenzeiten hinter der Stadtmauer in Sicherheit bringen zu können.

Diese Fläche maß etwa ein Zehntel des gesamten Stadtgebietes und wurde nun mit winzig kleinen Häusern – die meisten ohne Gärten – bebaut. Es entstand eine kleine Neustadt mit eigenem kleinem Markt, dem Quartelnmarkt, benannt nach einer Wachtel auf der Pumpe. Um einen Zugang für das neue Viertel zu schaffen und auch um die nicht unbedingt geliebten Neubürger von der „Hohen Straße“ fernzuhalten, wurde gleich hinter dem Stadttor einfach – wie man heute noch sehen kann – ein Haus aus der Häuserzeile an der Hauptstraße herausgebrochen. Die letzten Reste dieser alten „Neustadt“ verschwanden erst in der Mitte der 1930er Jahre im Zuge einer Neugestaltung des Platzes (Abb. 9).

Abb. 9: Noch bebauter Kirchplatz
Abb. 9: Noch bebauter Kirchplatz um 1900; Blick von der alten Kirche nach Westen

Die äußerste südwestliche Ecke der Stadt, heute die Kreuzung von Markt– und Wiedenhofstraße, wurde durch einen kleinen hufeisenförmigen Turm gesichert. In friedlichen Zeiten gab es hier auch ein kleines Törchen, durch das man bei Feuergefahr aus dem davorliegenden Stadtgraben Wasser holen oder über eine kleine Brücke die Stadt verlassen konnte. Daher der Name „Et Bröckske“. Rund um das mittelalterliche Krefeld gab es keine Quellen oder ein Flüsschen, die genug Wasser für den Stadtgraben liefern konnten. Man war auf das Oberflächenwasser von Regen oder Schnee angewiesen, das hier an dieser Seite der Stadt in einer eiszeitlichen Senke zusammenfloss. Auch wenn es unglaublich scheint, die Wiedenhofstraße liegt an dieser Stelle genau 1 Meter tiefer als die Hoch– oder Breitestraße und macht hier so auch die mittelalterliche Struktur erfahrbar. Wer an der Kreuzung zur Marktstraße einmal in die Knie geht, wird leicht merken, wo er mit der Breitestraße auf Augenhöhe ist.

Dann wird man auch feststellen, dass der erste Abschnitt der Marktstraße ebenfalls so unregelmäßig ist, wie wir es schon bei der Angerhausenstraße gesehen haben. Hier hatte sich bereits früh, noch außerhalb der Stadt und vor Mauer und Graben, eine kleine „Vorstadt vor dem Bröcksken“ entwickelt. Von hier aus ging es dann nach Westen zur Bauernschaft „Unter der Linde“, ein mittelalterlicher Gerichtsplatz, und weiter darüber hinaus zum Landwehrdurchgang Hückelsmay oder in Richtung Kempen zu den Lemmen Höfen. Und damit will ich hier unseren Gang auf mittelalterlichen Wegen durch die Stadt beenden.

Georg Opdenberg
Georg Opdenberg

Georg Opdenberg, Jahrgang 1950, lebt in Krefeld. Er war als Landvermesser (Dipl. Ing.), zuletzt im städtischen Fachbereich Vermessungs- und Katasterwesen tätig und ist bekannt durch zahlreiche Veröffentlichungen über Vermessungswesen, Stadtgeschichte und Krefelder Künstler. Er ist außerdem seit 1982 Mitglied der Gemeinschaft Krefelder Künstler e. V.

Schriftverzeichnis
BURGHARDT, Oskar: Geologie und Landschaft; in: Reinhard Feinendegen & Hans Vogt (Hrsg.): Krefeld. Die Geschichte der Stadt, Band 1. Von der Frühzeit bis zum Mittelalter, S. 13-63
HANGEBRUCH, Dieter: Krefeld unter oranischer und unter preußischer Herrschaft 1600 – 1794; in: Reinhard Feinendegen & Hans Vogt (Hrsg.): Krefeld. Die Geschichte der Stadt, Band 2. Von der Reformationszeit bis 1794, S. 111 – 252; Krefeld 2000
HENTRICH, Helmut: Der Krefelder Architekt August Biebricher – Begegnungen und Erinnerungen; in: die Heimat, Jg. 54, S. 135-139; Krefeld 1983
KRIEDTE, Peter: Von Leinen und Seide. Bevölkerungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Krefelds vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis 1794; in: Reinhard Feinendegen & Hans Vogt (Hrsg.): Krefeld. Die Geschichte der Stadt, Band 2. Von der Reformationszeit bis 1794, S. 253-375; Krefeld 2000
STADT KREFELD – DER OBERBÜRGERMEISTER – VERMESSUNGS- UND KATASTERWESEN (Hrsg.): Schildbürger und ihre Vorgänger – Geschichte in Straßennamen; Krefeld 2012
ULRICH, Jochem: Wirtschaft und Gesellschaft in Alt-Krefeld; in: Reinhard Feinendegen & Hans Vogt (Hrsg.): Krefeld. Die Geschichte der Stadt, Band 3. Von der Franzosenzeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges; Krefeld 2006

Anmerkungen
1 HANGEBRUCH 2000, S. 250
2 HENTRICH 1983, S. 136
3 HANGEBRUCH 2000, S. 126-137
4 ebd., S. 151
5 ULRICH 2006, S. 383
6 BURGHARDT 1998, S. 31
7 KRIEDTE 2000, S. 280
8 HANGEBRUCH 2000, S. 197
9 KRIEDTE 2000, S. 274-277
10 freundliche Mitteilung Dr. Christoph Reichmann.